Bericht von Ursula Hecker aus Yangon über einen Besuch mit einer Gruppe in Myanmar im November 2019

Wo soll ich anfangen? Es war wieder einmal eine interessante, anregende, beglückende – aber auch anstrengende Reise. Es war das erste Mal, dass die Rundreise mit Hilfe eines professionel-len Reisebüros geplant wurde. Wir alle waren mit der Durchführung zufrieden, zumal das Reise-büro das Programm nach unseren Wünschen erstellt hatte. Denn wir wollten ja nicht nur touris-tisch unterwegs sein, sondern auch Menschen begegnen und verschiedene Projekte besuchen.

Eindrücklich war das Kaffeeprojekt im Pa-O-Land in der Nähe des Inle Lakes. Man wollte die Menschen vom Opium Anbau wegbringen und die Bauern motivieren, dafür Kaffee anzubauen. Es ist ein Projekt der Southern Baptist Church von USA. Eine Missionarin aus USA leitet dieses Projekt, und sie hat offensichtlich Zugang zu großen finanziellen Ressourcen. Denn es ist mit den modernsten Maschinen ausgestattet und mit einem ansehnlichen Fuhrpark. Aber es war auch deutlich, dass das Projekt deshalb so gut läuft, weil sie sich voll dafür einsetzt und das schon seit Jahren und natürlich auch die Sprache spricht. Missionarin darf sie sich nicht nennen, das würde sie ihre Aufenthaltsgenehmigung kosten. Inzwischen hat aber auch die Regierung erkannt, dass es ein erfolgreiches Vorzeigeprojekt ist, um der Frage aus dem Ausland entgegnen zu können, was gegen den Opiumanbau unternommen wird. Wir waren ziemlich beeindruckt und die meisten haben den guten Kaffee genossen. Auch die Fahrt dorthin durch die Berge war wunderschön und es war offensichtlich, dass diese bergige Region fruchtbarer ist als das Chin Land.

Höhepunkt der Reise war der viertätige Besuch in den Chin Dörfern. Zwei Ärzte aus Deutsch-land, Dr. Nippraschk aus Neuruppin und Dr. Alexander Kaspar aus Halle hatten der Myanmar Initiative angeboten, zwei Wochen in der Thomaclinic in Kim Lai zu arbeiten. Sie waren gerade die beiden Wochen vor unserem Besuch dort, und wir haben die Begeisterung und die Dankbarkeit der Dorfbewohner für ihren Einsatz mitbekommen. Obwohl es auch für Mr. Pau sicher eine an-strengende Zeit war, war er kaum zu bremsen in seiner Begeisterung und im Planen neuer sol-cher Einsätze. Neben der kompetenten Behandlung von Krankheiten haben die Dorfbewohner auch eine Wertschätzung erfahren, die sie sonst in dem allgemein missachteten nördlichen Chin Staat nicht bekommen.

Es war für die Myanmar Initiative ein Experiment – und es ist gelungen. Dass beide Ärzte mit den gebotenen Voraussetzungen zufrieden waren, war für die Myanmar Initiative beruhigend, denn die Thomas-Clinic wurde ja geplant und gebaut ohne einen medizinischen Berater. Auch die Krankenschwestern haben zur Zufriedenheit der beiden Ärzte gearbeitet. So können wir zuver-sichtlich der zukünftigen Arbeit in der Clinic entgegensehen – wenn es uns gelingt, weiterhin die nötigen Mittel dafür zu finden.

Wir hatten eine Kinderärztin in der Gruppe und obwohl es Samstag war, ein Tag ohne Sprech-stunde, kam eine Mutter mit ihrem Baby, das an Fieber litt. Natürlich kam da unsere Kinderärztin zum Einsatz und die drei Schwestern schauten interessiert zu und ließen sich alles erklären. Nach den Aussagen der beiden Ärzte sind die Schwestern ziemlich fit, auch die Schwesternhelfe-rinnen. Sie hätten keine Zweifel, dass sie gute Arbeit leisteten. Die ausgebildete Staff Nurse, die im August von der Myanmar Initiative angestellt wurde, macht einen sympathischen und kompe-tenten Eindruck.

Sie ist pensioniert, alleinstehend, spricht die Sprache der Menschen und ist zufrieden, dass sie in der Clinic wohnen kann – allerdings wird die Clinic nachts von einem Nachtwächter bewacht. Dem Gelände merkt man auch an, dass die Mitarbeitenden Freude an der Gartenarbeit haben. Es wurde ein Garten angelegt mit viel Gemüse und Blumen.

Weiter ging die Fahrt in das umgesiedelte Dorf Muang lang, und wir waren wieder einmal erstaunt, wie es sich verändert hat in den drei Jahren seit der Umsiedlung. Es wurde für jeden einsichtig, dass man mit genügend Wasser überall einen grünenden Garten schaffen kann. Natürlich war die Monsunzeit noch nicht lange vorbei. Aber es grünten und blühten auch Sträucher und Bäume, Bananenstauden und mehrjährige Pflanzen, die während der Trockenzeit sicher nur mit genü-gend Wasser überleben können. Die Weberei funktioniert gut und die Frauen weben immer kom-pliziertere Muster. Einige von uns waren über den fehlenden Geschäftssinn der Frauen erstaunt. Sie hätten gerne etwas von den Tüchern gekauft. Aber außer einem war keines vorrätig. Dass sie mit den Deutschen ein gutes Geschäft hätten machen können, kam ihnen vorher nicht in den Sinn.

Am nächsten Tag fuhren wir nach Dimzaang und waren wie schon den Tag zuvor dankbar, dass mit Unterstützung der deutschen Regierung die Straße in der Sagaing Division ausgebaut wird und bis auf die Brücken schon fertig gestellt ist. Es hat uns ein großes Stück Holperstraße und einige Flussdurchfahrten erspart. Umso mehr fiel dann natürlich der Unterschied zum Chin State auf, wo die Straße eigentlich immer schlechter wird und unseren Rücken strapaziert hat. Einen Abend trafen wir uns mit dem leitenden (deutschen) Bauingenieur. Er erzählte uns von seiner Arbeit und seinen Erfahrungen.

Natürlich hat er einen anderen Ansatz von Entwicklungshilfe und meinte, dass nur Sinn hätte, was von Oben käme, also von der Regierungsseite. Alles andere sei ein Tropfen auf den heißen Stein. Auf unseren Einwand, wenn aber nichts von oben komme, zuckte er die Schultern. Sehr verständnisvoll und erfreulich fanden wir seine Haltung gegenüber den einheimischen Arbeitern. Er kritisierte nicht, obwohl er zugab, dass er sich an manches gewöhnen musste. Man merkte ihm an, dass er sich mit seiner Frau im Land sehr wohl fühlt.

In Dimzaang waren wir natürlich am Fortgang der Alphabetisierungsarbeit interessiert. Obwohl es Sonntag war, kamen viele Frauen und zeigten ihre Hefte. Es hat sich erwiesen, dass die Eintei-lung in Gruppen je nach Leistung sinnvoll war. So wird der Kurs A bis zum Frühjahr den Kurs abgeschlossen haben, B und C werden noch mindestens ein Semester brauchen, um den Test am Ende zu bestehen. Aber weiterhin sind alle Frauen eifrig dabei und haben uns gebeten, an-schließend einen Kurs in Mathematik/Rechnen anzubieten. Es leuchtet auch unmittelbar ein, dass Rechnen für die Frauen genauso nötig ist wie Lesen und Schreiben.

In Kalymyo hat uns Mr. Pau stolz den Rohbau des Community Centers gezeigt, und allen von uns war deutlich, dass es eine sinnvolle Investition ist. Denn in Zukunft wird der Schwerpunkt der Arbeit der Myanmar Initiative mehr und mehr auf Fortbildung und Ausbildung, auf Empower-ment und Bewusstseinsbildung liegen. Und dafür ist das Zentrum unbedingt notwendig. Es soll im Rohbau noch bis zum Ende des Jahres fertig werden.

Eine neue Erfahrung für die meisten in der Gruppe war der Abend im Zomi Baptist Theological College. Dr. Khai, der in Hamburg promoviert hat, hatte uns dazu eingeladen. Wir trafen mit Stu-denten und den Dozenten zusammen. Nach einem kulturellen Anfang bildeten wir Gruppen und hatten Gelegenheit einiges von der Ausbildung, der Herkunft der Studenten und Dozenten und den Problemen zu erfahren. Überraschend fanden wir alle das Schlussgebet, das sich vom cha-rismatischen Gemurmel zum lauten gemeinsamen, aber individuellen Rufen entwickelte.

Über die touristischen Höhepunkte möchte ich nichts schreiben, außer vielleicht erwähnen, dass die Flussschifffahrt von Mandalay bis Bagan nach den anstrengenden Tagen in den Dörfern sehr erholsam war.

Nach Yangon zurückgekehrt, konnten wir noch das diakonische Programm der Ywama Baptist Church besuchen. Neben einer freien Clinic, wo Notleidende dreimal die Woche umsonst von Ärzten behandelt werden, gibt es auch eine Schule für Street Children, die ihren Lebensunterhalt mit Müllsammeln bestreiten. Als wir da waren, lernten sie gerade durch Lieder, die Notwendigkeit von Mülltrennung, von sauberer Umwelt und anderes. Zum Abschluss bekommen sie ein Mittag-essen, Reis, Hühnchen, Gemüse und Suppe.

Am Nachmittag flog die Gruppe zurück nach Deutschland und war, wie sie sagte, zufrieden und sehr angeregt.

Ursula Hecker

Vorsitzende der Myanmar Initiative e.V. Berlin
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