Reisebericht aus dem November 2018

Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Mitglieder der Myanmar Initiative,

Anfang November flog die Vorsitzende der Myanmar Initiative wieder für vier Wochen nach Myanmar. Die letzte Phase der Ausbildung der Berater/innen im YMCA Beratungszentrum sollte beginnen.

In den ersten drei Tagen, vor dem Beginn des Seminars, wurden zunächst einmal drei der vier Außenstellen des YMCA Counselling Centers besucht, um die Gemeinschaften kennenzulernen, in denen die Teilnehmenden des Seminars arbeiten.

 

Es sind alles Brennpunktgemeinden mit jeweils spezifischen Problemen. In dem einen Stadtteil wohnen vor allem Arbeiter und ihre Familien, die aus ganz Myanmar gekommen waren, um in der Großstadt ihr Glück zu versuchen. Das ist ihnen zum überwiegenden Teil nicht gelungen. Sie wohnen in Slum ähnlichen Unterkünften, ohne ausreichende Infrastruktur. Alkoholmissbrauch, häusliche Gewalt und sich vermehrende Vergewaltigungen bestimmen den Alltag. In einem anderen Stadtteil wohnen die Menschen in Mietskasernen, abgeschnitten von ihrer gewohnten Lebensweise, anonym, ohne Kontakt zu den Nachbarn, eine Brutstätte für psychische Probleme. In wieder einem anderen Teil leben Menschen, die von Menschenhandel betroffen waren und oft an HIV/AIDS leiden.

Es war erschütternd, dies zu sehen und doch beeindruckend, mit wieviel Liebe, Engagement und Einsatz die Verantwortlichen dort arbeiten. Sie haben alle keine formale Ausbildung, oft auch keine abgeschlossene Schulausbildung. Umso mehr stieg die Hochachtung, dass sie sich dem im ganzen achtwöchigen Training in Beratung als interpersonelle Beziehung ausgesetzt haben und sich vor allem selbst verändert haben. Manche sagten am Ende, sie hätten durch das Training erfahren, dass sie Mensch sind, dass sie Gefühle haben, deren sie sich vorher überhaupt nicht bewusst waren. Die Teilnehmenden werden diese ihre Erfahrungen an andere weitergeben und damit ihren Stadtteil ein Stück menschlicher machen können.

Die meisten Seminarteilnehmenden waren Buddhisten, und es mag im ersten Augenblick scheinen, dass die westlichen Methoden der Psychologie nicht angemessen sind für andere Kulturen. Dieses intensive achtwöchige Training hat aber gezeigt, dass die Grundprobleme der Menschen und ihrer Bedürfnisse gar nicht so unterschiedlich sind, dass Menschen zwar andere Ausdrucksweisen entwickelt haben, aber mit Geduld (und entsprechender Hartnäckigkeit) diese Fremdheit überwunden und Verstehen gelebt werden kann. Es ist eine schöne vorweihnachtliche Erfahrung, denn es stärkt die Hoffnung auf Frieden auf Erden.

Ein zweiter Höhepunkt der Reise, wenn auch der kürzere, war der Besuch im Dorfentwicklungsprojekt im nördlichen Chin Staat. Der Vorsitzende der Myanmar Initiative Kalymyo kam nach Yangon, vor allem weil mit ihm zusammen die Möglichkeit einer Teilfinanzierung des in Kalymyo geplanten Community Centers durch die Deutsche Botschaft herausgefunden werden sollte. Erst nach drei Anläufen gelang es, einen verbindlichen Termin bei der Botschaft zu bekommen – am Tag der Abreise. Aber das Gespräch war sehr angenehm und das Anliegen stieß auf Wohlwollen. Allerdings muss der Antrag auf Finanzierung bis März eingereicht werden, danach wird dann entschieden, welches Projekt von der Botschaft unterstützt werden kann.

Dass die Dörfer Kim Lai und Muang Lang, das umgesiedelte Dorf, auf dieser Reise nicht besucht werden konnten, war von vornherein klar. Der Monsun war zwar schon ein paar Wochen vorbei, aber durch mehrere Taifune im Golf von Bengalen kam es in Myanmar – auch in Yangon – immer wieder zu heftigen Regenfällen, so dass die Flüsse mit einem Jeep nicht passierbar waren – auf einem kleinen Motorrad über eine Hängebrücke zu fahren, wäre ein Abenteuer gewesen. Aber die beiden Schwesternhelferinnen und Vertreterinnen des Webzentrums kamen nach Kalymyo, und es war eine erfreuliche Begegnung. Sie zeigten die neuesten Produkte ihrer Webkunst, die sehr beeindruckten, noch mehr aber die Tatsache, dass die Frauen – und inzwischen auch ein Mann- alles auf dem lokalen Markt verkaufen können und sie nicht den mühsamen Weg zum Basar in Kalymyo auf sich nehmen müssen. Nach diesem Gespräch wurde der Wunsch geäußert, ihnen zwei, drei Nähmaschinen zur Verfügung zu stellen und einige Frauen im Nähen auszubilden. Denn fertig genähte Produkte können mit mehr Gewinn verkauft werden. Außerdem fänden noch andere Frauen eine Einkommensmöglichkeit.

Die Schwesternhelferinnen strahlten Zufriedenheit aus. Offensichtlich haben sie die Arbeit gut organisiert und arbeiten auch gut zusammen. Während des Monsuns hatten sie täglich 10 und mehr Patienten, sie machen Hausbesuche, gehen in Kindergärten und Schulen für Hygieneunterricht und helfen sogar bei Geburten. Die pensionierte Schwester von Dimzaang hatte sie ja die ersten Monate begleitet und angeleitet und ihnen wohl auch das Nötigste für die Begleitung von Schwangeren beigebracht. Die Clinic, die ja noch auf ihren Innenausbau und die endgültige Wasserversorgung wartet, dient ihnen schon jetzt als Behandlungsort. Sie sind ganz stolz darauf. Sobald die Mittel zur Fertigstellung der Clinic zur Verfügung stehen und auch das Wetter es erlaubt, sollen die nötigen Materialien und Maschinen auf das Clinic Gelände transportiert werden. Am 28.April 2019 ist dann die Einweihung geplant.

Der Weg nach Dimzaang ist von Kalymyo bis zur Grenze zum Chin Staat viel angenehmer geworden. Die deutsche Regierung unterstützt den Straßenbau – aber eben nur bis zur Grenze der Sagaing Division. Mit großen Maschinen werden die Straße und Brücken gebaut, die dann hoffentlich einige starke Monsunregen aushalten. Danach geht es weiter wie bisher, durch Flüsse und Gräben mit einigen Stößen in den Rücken und viel Staub von den überholenden Motorrädern und den vereinzelten Lastwagen.

In Dimzaang wurden die Besucher schon von den Frauen in ihrem Unterricht erwartet. Über 40 Frauen im Alter von 17 bis über 70 Jahren nehmen an dem Alphabetisierungsprogramm teil und lernen mit Begeisterung Burmesisch. Stolz zeigten sie ihre Hefte. Dreimal die Woche treffen sie sich abends mit drei Lehrerinnen und einem Lehrer, die gemeinsam den Unterricht übernehmen. Diesmal sind sie am Tag gekommen, um den Gästen etwas von ihren Erfolgen zu zeigen. Offensichtlich macht der Unterricht nicht nur den Schülerinnen Spaß, sondern auch den Lehrer/innen, die hauptberuflich an der Grundschule des Dorfes unterrichten. Kein Wunder, dass auch die Männer den Wunsch äußerten, eine solche Schule zu besuchen. Der Unterricht findet in der alten Clinic statt, die jetzt als Gemeinschaftshaus genutzt wird, in der auch die Apotheke und eine kleine Bücherei untergebracht sind.

Ganz in der Nachbarschaft liegt die Nursery School. Offensichtlich war gerade Mittagspause, als der Besuch kam. Über zwanzig Kinder lagen auf Matten unter drei großen Moskitonetzen und schliefen. Nur wenige schauten neugierig und skeptisch den Besuchern entgegen.Die Schule war sauber und mit Postern an den Holzwänden geschmückt, das Spielzeug ordentlich zur Seite geräumt, auf der Veranda standen die Essensbehälter mit einer Wasserflasche in einer Reihe, für jedes Kind gekennzeichnet. Es war ein Ort zum Wohlfühlen, und es war leicht sich vorzustellen, dass die Kinder gerne die Schule besuchen.

Es war ein erfreulicher Besuch motivierte, sich weiterhin für das Projekt einzusetzen.

In Deutschland steht Myanmar zurzeit nicht an der Spitze der Spendenbereitschaft. Der Rohingya Konflikt verstört die Menschen und dies zu Recht, und die Myanmar Initiative steht dem hilflos gegenüber. Man kann die UN Flüchtlingshilfe unterstützen, dass zumindest die Situation der Flüchtlinge in Bangladesch verbessert werden kann. Aber dabei sollte man auch die Menschen nicht vergessen, die seit langem vernachlässigt werden. Es ist in vielen Gesprächen bestätigt worden – zuletzt in der deutschen Botschaft – dass der Chin Staat das Schlusslicht in der Liste der verschiedenen Staaten bildet und sich nur wenige Organisationen um ihn kümmern. Die Myanmar Initiative hat in gewisser Weise eine Verpflichtung übernommen und will sowohl mit dem Bemühen für Beratung als auch mit der Unterstützung zur Entwicklung dieser wenigen Dörfer etwas zur Befriedung des Landes beitragen.

Die Arbeit der Myanmar Initiative ist weiterhin auf Ihre Unterstützung angewiesen. Für das Jahr 2019 ist vieles geplant, von dem noch nicht klar ist, ob es durchgeführt werden kann. Sie finden hier auf der Webseite auch eine Liste der geplanten Projekte.

Mit Hilfe vieler von Ihnen war es in der Vergangenheit möglich, den Menschen Hoffnung auf ein menschenwürdiges Leben zu geben. Dafür sagt der Vorstand der Myanmar Initiative herzlichen Dank.

Ursula Hecker, Vorsitzende

Hier gibt es den gesamten Bericht zum Download.

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